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"... den Tod habe ich, durch eine sonderbare innere Stimmung, vielleicht von meiner Jugend an, nicht bloß als eine so rein menschliche Begebenheit angesehen, daß sie einen, der über Menschenschicksale zu denken gewohnt ist, unmöglich betrüben kann, sondern eher als etwas Erfreuliches. Jetzt ist meine Rechnung mit der Welt längst abgeschlossen."
Friedrich Wilhelm Christian Carl Ferdinand Freiherr von Humboldt (1767-1835), preußischer Gelehrter, Staatsmann und Mitgründer der Berliner Universität, Briefe an eine Freundin, Berlin, den 25. Dezember 1825, 3. Absatz, Quelle: gutenberg.org/files/21801/21801-h/21801-h.htm; vgl. hier.
(27.12.08) Das ist mir so krass auch noch nicht passiert: Ich stehe im Flughafen Hannover in einer Schlange (Bordkartenkontrolle), bin an der Reihe und die Dame ist im Begriff, sich die Bordkarte meines Hintermannes geben zu lassen, um mich dann erst einen Moment (Sekundenbruchteile) später zu bemerken. Ich habe mich wirklich so gefühlt, als wenn ich unsichtbar wäre.
"Ich hatte meine Mitgliedschaft im Club der Menschen verloren."
Arthur Nersesian, f-train blues, Heyne, München 2002, S.282
"Aber ich hatte einfach keine Lust mehr, menschliche Beziehungen zu unterhalten."
Michel Houellebecq, Plattform, DuMont, Köln 2002, S.334f.
Misanthropie charakterisiert eine Geisteshaltung, keine Handlungsweise. Ein Misanthrop muss weder gewalttätig, aggressiv noch arrogant sein, altruistisches Handeln ist bei ihm nicht ausgeschlossen. Die Misanthropie steht, trotz des etymologischen Anscheins, begrifflich nicht im Gegensatz zum verwandten Begriff der Philanthropie, mit dem im Allgemeinen eher die Handlungsweise als die Einstellung eines Menschen bezeichnet wird. Bei extremen Fällen von Abscheu dem Menschen gegenüber sondert sich der Misanthrop ab und führt ein Einsiedlerdasein. Diese selbst gewählte Isolation ist von pathologischer Menschenscheu zu unterscheiden, bei der trotz des Wunsches danach keine Nähe zur umgebenden menschlichen Gemeinschaft erreicht werden kann.
Quelle: de.wikipedia.org/wiki/Misanthropie
Dagegen ist Menschen zu fliehen, aus Misanthropie, weil man sie anfeindet, oder aus Anthropophobie (Menschenscheu), weil man sie als seine Feinde fürchtet, teils hässlich, teils verächtlich.
Immanuel Kant (1724-1804), deutscher Philosoph der Aufklärung
"Aber mitten in der erreichten Freiheit nahm Harry plötzlich wahr, daß seine Freiheit ein Tod war, daß er allein stand, daß die Welt ihn auf eine unheimliche Art in Ruhe ließ, daß die Menschen ihn nichts mehr angingen, ja er selbst sich nicht, daß er in einer immer dünner und dünner werdenden Luft von Beziehungslosigkeit und Vereinsamung langsam erstickte. (...) Nahe an ihn heran kam niemand, Bindung entstand nirgends, sein Leben zu teilen war niemand gewillt und fähig. Es umgab ihn jetzt die Luft der Einsamen, eine stille Atmosphäre, ein Weggleiten der Umwelt, eine Unfähigkeit zu Beziehungen, gegen welche kein Wille und keine Sehnsucht etwas vermochte. Dies war eins der wichtigen Kennzeichen seines Lebens."
Hermann Hesse, Der Steppenwolf, Tractat vom Steppenwolf, Suhrkamp, Frankfurt 1974, S.61f.
"Er hatte, solange er gesund war, von den Menschen verlassen gelebt und sich wenig darum bekümmert; jetzt wäre es ihm überaus lieb gewesen, wenn irgend einer, wer es auch sei, mit ihm seine warme Stube geteilt hätte, und wenn sie sich gegenseitig nur hätten eine Prise Tabak bieten können.”
Berthold Auerbach, Schwarzwälder Dorfgeschichten, Erster Band, Des Schloßbauers Vefele, Kapitel 2, achter Absatz
Allein sein zu müssen ist das Schwerste, allein sein zu können das Schönste.
Hans Krailslaimer, deutscher Aphoristiker (1888 - 1958)
"Die Verzweiflung war (...) ein bodenloser Abgrund eisiger Finsternis, unerträglicher Einsamkeit. Und die Sünde der Verzweiflung (...) war eine kalte Sünde, die darin bestand, sich von jedem menschlichen, warmen, lebendigen Kontakt loszusagen."
Michel Houellebecq, Plattform, DuMont, Köln 2002, S.97
"Ich war im Lauf der Jahre beruflos, familienlos, heimatlos geworden, stand außerhalb aller sozialen Gruppen, allein, von niemand geliebt, von vielen beargwöhnt, in ständigem, bitterm Konflikt mit der öffentlichen Meinung und Moral, und wenn ich auch noch im bürgerlichen Rahmen lebte [vgl. hier], war ich doch inmitten dieser Welt mit meinem ganzen Fühlen und Denken ein Fremder. Religion, Vaterland, Familie, Staat waren mir entwertet und gingen mich nichts mehr an (...); meine Anschauungen, mein Geschmack, mein ganzes Denken, mit dem ich einst als ein begabter und beliebter Mann geglänzt hatte, war jetzt verwahrlost und verwildert und den Leuten verdächtig."
Hermann Hesse, Der Steppenwolf, Suhrkamp, Frankfurt 1974, S.89f.
"Aber ich wollte keinerlei Anreiz mehr erleben. Mein Leben war eine leere Form, und das sollte es auch bleiben. Wenn ich die Leidenschaft in meinen Körper dringen ließ, würde der Schmerz bald folgen."
Michel Houellebecq, Plattform, DuMont, Köln 2002, S.336f.
"Seit dem Tag (...) hat er sich immer mehr zurückgezogen, ist schweigsamer und unzugänglicher geworden, wie ein Bär, der sich auf den Winterschlaf vorbereitet. Als hätte er wie ein kurzfristiger Besucher unsere Welt angeschaut, geprüft und sich entschieden, dass es sich nicht lohne, an ihr teilzuhaben. Es ist ein langsamer Prozess, der da vonstatten geht (...)."
Jan Stressenreuter, Love to Love You, Baby, Querverlag, Berlin 2002, S.258
"Freedom is just another word for nothing left to lose"
Janis Joplin, Me and Bobby McGee (1970)
"Es ist leicht, auf das Leben zu verzichten, leicht, das eigene Leben auszuklammern."
Michel Houellebecq, Plattform, DuMont, Köln 2002, S.97
"Man irrt sich gar gewaltig, wenn man glaubt, auf dem Lande da könne man ganz ungestört allein für sich leben. Das kann man nur in einer großen Stadt, wo die Menschen sich nicht umeinander kümmern, wo einer an dem andern täglich vorübergeht, ohne zu wissen, wer er ist, was er thut und treibt, wo man ohne Gruß, ja fast ohne Blick vor einem Menschen vorbeirennt, als ob er ein Stein, und nicht, als ob er ein Mensch wäre. Aus dem Lande, in einem Dorfe aber, wo die kleine Anzahl der Einwohner sich kennt, muß man gewissermaßen von seinem Thun und Treiben einem jeden Rechenschaft geben, man kann sich nicht selbstgenügsam abschließen."
Berthold Auerbach, Schwarzwälder Dorfgeschichten, Erster Band, Des Schloßbauers Vefele, Kapitel 2, erster Absatz; vgl. hier
"Um allein zu leben, muß man ein Thier oder ein Gott sein – sagt Aristoteles. Fehlt der dritte Fall: man muß Beides sein – Philosoph."
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844-1900), deutscher Philosoph und klassischer Philologe, Götzen-Dämmerung, Sprüche und Pfeile, 3
Der Adler fliegt allein, der Rabe scharenweise; Gesellschaft braucht der Tor, und Einsamkeit der Weise.
Friedrich Rückert alias Freimund Raimar, Reimar oder Reimer (1788-1866), deutscher Dichter, Übersetzer und einer der Begründer der deutschen Orientalistik, Die Weisheit des Brahmanen, Buch XVI, I, 5 [6]; vgl. hier
Alleingang, weil ein Löwe nicht mit Hunden läuft.
Community-Spruch bzw. Zeitgeistpruch, wohl induziert von Ausländischstämmigen nahöstlicher Herkunft
Um glücklich zu sein, darf man sich nicht zu sehr mit den Mitmenschen beschäftigen.
Albert Camus, französischer Philosoph und Schriftsteller (1913 - 1960)
"... so ist es mir sehr lieb, ganz allein hier zu sein, ich bin so gar keiner Störung ausgesetzt und liebe an sich die Einsamkeit. Die Freude, mit den Meinigen zu sein, ist mir nur immer eine unendlich glückliche Zugabe"
Friedrich Wilhelm Christian Carl Ferdinand Freiherr von Humboldt (1767-1835), preußischer Gelehrter, Staatsmann und Mitgründer der Berliner Universität, Briefe an eine Freundin, Burgörner, den 29. November 1823, 1. Absatz, Quelle: gutenberg.org/files/21801/21801-h/21801-h.htm; vgl. hier.
„Arm. – Er ist heute arm: aber nicht weil man ihm alles genommen, sondern weil er alles weggeworfen hat – was macht es ihm? Er ist daran gewöhnt, zu finden. – Die Armen sind es, welche seine freiwillige Armut mißverstehen.“
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844-1900), deutscher Philosoph und klassischer Philologe, Die fröhliche Wissenschaft, 1882, S. 167
"[Es ist so,] dass wirkliche Freiheit bedeutet, frei von allen anderen zu sein."
Sergej Lukianenko, Die Wächter Trilogie, Wächter der Nacht, Heyne, München 2008, S.272
"Die letzten menschlichen Kontakte, die noch bestehen, wenn man auf das Leben verzichtet, sind jene, die man mit den Kaufleuten unterhält."
Michel Houellebecq, Plattform, DuMont, Köln 2002, S.337f.
Die Stachelschweine
Eine Gesellschaft Stachelschweine drängte sich en einem kalten Winterrage recht nah zusammen, um sich durch die gegenseitige Wärme vor dem Erfrieren zu schützen. Jedoch bald empfanden sie die gegenseitigen Stacheln, welches sie dann wieder von einander entfernte. Wann nun das Bedürfnis der Erwärmung sie wieder näher zusammenbrachte, wiederholte sich jenes zweite Übel, so da? sie zwischen beiden Leiden hin und her geworfen wurden, bis sie eine mäßige Entfernung voneinander herausgefunden hatten, in der sie es am besten aushalten konnten.
So treibt das Bedürfnis der Gesellschaft, aus der Leere und Monotonie des eigenen Innern entsprungen, die Menschen zueinander; aber ihre vielen widerwärtigen Eigenschaften und unerträglichen Fehler stoßen sie wieder voneinander ab. Die mittlere Entfernung, die sie endlich herausfinden, und bei welcher ein Beisammensein bestehen kann, ist die Höflichkeit und feine Sitte. Dem, der sich nicht in dieser Entfernung hält, ruft man in England zu: keep your distance! - Vermöge derselben wird zwar das Bedürfnis gegenseitiger Erwärmung nur unvollkommen befriedigt, dafür aber der Stich der Stacheln nicht empfunden.
Wer jedoch viel eigene, innere Wärme hat, bleibt lieber aus der Gesellschaft weg, um keine Beschwerde zu geben, noch zu empfangen.
Arthur Schopenhauer (1788-1860), deutscher Philosoph , Autor und Hochschullehrer, Quelle: gutenberg.spiegel.de/buch/4997/1
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