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Arbeitsloser hungert sich auf Hochsitz zu Tode
Schlarpe. Ein Mann aus Hannover hat sich auf einem Hochsitz im Solling offenbar bewusst zu Tode gehungert. Die letzten Wochen vor seinem Tod dokumentierte er in einem Tagebuch. Seine Leiche blieb monatelang unentdeckt.
Die Geschichte ist unfassbar: Ein arbeitsloser Mann geht in den Wald, um zu sterben. Der 58-Jährige aus Hannover hat sich im Solling offenbar bewusst zu Tode gehungert, seine letzten Wochen dokumentierte er in einem Tagebuch. Ein Verbrechen schließt die Polizei nach Abschluss ihrer Untersuchungen aus.
Die Tragödie geschah in idyllischer Umgebung: Ein Hochsitz, wie es sie im Solling zu Hunderten gibt, nicht weit entfernt von einem Erlebnis-Waldweg in der Nähe des Ferienorts Uslar. "Da müssen in den letzten Wochen viele Spaziergänger vorbeigelaufen sein", sagt Hubert Hennecke. "Doch gemerkt hat keiner was".
Auch der Jagdpächter ahnte nichts davon, dass auf seinem Hochsitz etwa zwei Monate lang ein Toter lag. Erst Jagd-Kollegen von Hennecke entdeckten die Leiche des Mannes, als sie am vergangenen Freitag ein paar morsche Bretter reparieren wollten. Der Arbeitslose, davon geht die Polizei aus, hat seinem Leben durch Nahrungsverweigerung ein Ende gesetzt.
Längere Zeit arbeitslos
Was den 58-Jährigen tatsächlich bewogen hat, im Solling den freiwilligen Hungertod zu sterben, wissen die Ermittler nicht. Sie können es aber ahnen. Polizeisprecher Harald Falkenhain bestätigt am Dienstag Angaben der Sollinger Allgemeinen Zeitung, dass der Arbeitslose in seinen letzten Lebenswochen ein Tagebuch geführt hat, das neben der Leiche gefunden wurde.
Aus dem Büchlein gehe hervor, dass der frühere Außendienstler schon länger arbeitslos war. Seine Ehe sei gescheitert, seine erwachsene Tochter habe sich von ihm losgesagt. Und als er im Oktober kein Arbeitslosengeld mehr bekam, habe er sich mit dem Fahrrad auf den Weg gemacht von Hannover Richtung Solling. Uslar liegt mehr als 100 Kilometer südlich der niedersächsischen Landeshauptstadt.
Warum der Mann ausgerechnet den Hochsitz im Wald beim Uslarer Ortsteil Schlarpe aufsuchte, sei unklar, sagt Polizeisprecher Falkenhain. Aus dem Tagebuch geht aber hervor, dass der 58-Jährige dort länger als drei Wochen zugebracht hat und in dieser Zeit keine Nahrung zu sich nahm. Er trank nur ab und an ein paar Tropfen Wasser. In seinem Tagebuch berichtet er von Schmerzen und davon, dass er nicht mehr leben wolle.
Morsche Bretter
Einmal, das geht ebenfalls aus den Aufzeichnungen hervor, wäre der 58-Jährige beinahe entdeckt worden. Ein kleines Mädchen habe den Hochsitz erklimmen wollen, sei aber von seinem besorgten Vater zurückgerufen worden. Irgendwann in der Zeit vor Weihnachten muss der Mann dann gestorben sein. Der letzte Tagebuch-Eintrag stammt vom 13. Dezember.
Als die Jäger ihn jetzt fanden, lag der Tote, der vertrocknet und wie mumifiziert ausgesehen hat, auf einer alten Matratze auf dem Boden des Hochsitzes. Dass die Leiche wochenlang unentdeckt geblieben war, sei eigentlich ein Zufall, sagt Jagdpächter Hennecke. Die Jäger hätten den etwa fünf Meter hohen Holzturm nur deshalb monatelang gemieden, weil auf einer Empore vor dem Eingang Bretter morsch waren.
Die Polizei, die nach ihren Untersuchungen ein Verbrechen ausschließt, hat den Fall inzwischen abgeschlossen. Das Tagebuch des Toten wird jetzt an seine Tochter geschickt. Der 58-Jährige hatte in dem Büchlein darum gebeten.
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/panorama/artikel/946/157526/, 12.02.08
58-Jähriger im Wald vermutlich zu Tode gehungert Leiche in Hochsitz gefunden
Schlarpe. Die Holzleiter des Hochsitzes am Rande einer idyllisch gelegenen Wiese zwischen dem Stehberg und dem Dingberg oberhalb des Uslarer Ortsteils Schlarpe war schon lange marode. Als zwei Jagdpächter am Freitag [08.02.08] ans Werk gehen wollten, um die kaputten Holzteile zu ersetzen, erschraken sie: Die Tür stand offen und auf dem Boden des fünf Meter hohen Hochsitzes lag ein toter Mann.
Per Handy wurde die Polizei alarmiert. Das war gegen 14.30 Uhr. Über matschige Waldwege kamen später noch 15 Feuerwehrleute aus dem 495-Seelendorf, um zu helfen. Der tote Mann lag auf einer Schaumstoffmatratze, die auf dem Ansitz war. Auf dem Rücken, neben ihm eine Art Tagebuch, DIN A 5 mit dunkelblauem Plastikeinband. Und eine rucksackähnliche Tasche. Die Leiche schafften Feuerwehrmänner von dem Holzbauwerk herunter, dann wurde der bereits mumifizierte Leichnam des schmächtigen Mannes beschlagnahmt.
Das Tagebuch verriet mehr. Schnell wurde deutlich, dass der Mann aus dem Leben gehen wollte. Nach HNA-Informationen hat sich der Hannoveraner bewusst zu Tode gehungert. Geboren wurde der Mann am 12. April 1949, lebte zuletzt in Hannover und war früher im Außendienst tätig. Daher kannte er vermutlich auch die Region.
Er hatte ein bewegtes Leben. Die Ehe ging in die Brüche, die erwachsene Tochter sagte sich von ihm los und dann war er offenbar lange arbeitslos. Ab Oktober vergangenen Jahres gab es auch kein Arbeitslosengeld mehr. Dann setzte sich der 58-Jährige auf sein Fahrrad und fuhr los.
Als die Männer die Leiche am Freitag in dem Waldstück bei Schlarpe im windgeschützten Innern des Hochsitzes fanden, lag der stark abgemagerte Mann auf dem Rücken auf einer schäbigen Matratze. Die Hände entspannt über dem Kopf. Mittlerweile ist der Leichnam von der Polizei freigegeben. Der Tote vom Schlarper Hochsitz soll jetzt bestattet werden.
Die maroden Holzteile des Hochsitzes haben die Jagdpächter in der Zwischenzeit repariert. Im Gebüsch neben der Leiter liegt nur noch die Matratze. Die soll später in den Müll, heißt es.
Hintergrund: Ein Tagebuch des Todes
In seinem Tagebuch, das im Hochsitz gefunden wurde, hat der 58-Jährige Stationen seines Aufenthalts im Waldversteck und auch seines offensichtlichen Dahinsiechens dokumentiert. In dem Büchlein schreibt der Hannoveraner von 24 Tagen ohne Essen, berichtet ein Augenzeuge der Bergungsarbeiten. Weiter habe der Mann im Tagebuch von einem kleinen Mädchen erzählt, dass versuchte, auf den Hochsitz zu klettern. Es sei aber vom besorgten Vater zurückgeholt worden.
Die Äußerungen im Buch deuten nach Angaben des Zeugen darauf hin, dass der 58-Jährige sterben wollte. Der Hannoveraner habe von Schmerzen berichtet, weil er wohl nur ab und zu ein wenig Wasser getrunken habe. Der letzte Eintrag ist vom 13. Dezember 2007. Und im Büchlein ist eine weitere Notiz zu finden. "Nach meinem Tode ist das Heft an meine Tochter (...) zu übergeben", heißt es da.
Quelle: HNA, 11.02.08
Fundort: Auf diesem Hochsitz lag der der 58-jährige Mann aus Hannover vermutlich seit Mitte Dezember. Jagdpächter, die Teile des Hochsitze reparieren wollten, fanden die mumifizierte Leiche am Freitag.
Medienrummel wegen des Toten vom Hochsitz Nach dem Freitod eines 58-Jährigen aus Hannover bleiben viele Fragen offen
Schlarpe. Der außergewöhnliche Freitod des 58-jährigen Hans-P. Z. aus Hannover auf einem Hochsitz im Wald beim Uslarer Ortsteil schlarpe beschäftigte gestern nicht nur die Menschen der Region: Das Medieninteresse ist riesig.
Tenor: Was treibt einen Menschen in den freiwilligen Hungertod über mehrere Wochen? Diese Frage bleibt wahrscheinlich unbeantwortet. Denn das Tagebuch, das die zwei Jagdpächter bei der bereits mumifizierten Leiche fanden, soll mittlerweile der bei Ahrensbök (Schleswig Holstein) lebenden Tochter übergeben worden sein. Die hatte mit ihrem Vater offenbar aber über Jahre keinen Kontakt und zeigte sich auch nach der Meldung vom Tode ihres Vater unberührt, hieß es.
Das geht zum einen aus dem Tagebuch hervor, das der 58-Jährige führte, und wurde von den ermittelnden Polizeibeamten mittlerweile bestätigt. Der Mann hatte danach seit Anfang November gehungert und die Entwicklungen seines körperlichen Zerfalls in dem Schulbuch-ähnlichen Heft notiert. Er beschreibt darin, so ein Zeuge, der bei der Bergung der Leiche war, wie sich eine Unterzuckerung auswirkte und welche inneren Organe nach seiner Einschätzung allmählich aussetzten, die Haut eintrocknete.
Der Anblick war grausig, berichteten die Einsatzkräfte, die von sehr bedrückenden und beklemmenden Gefühlen sprachen.
Zum Hintergrund: Am Freitag wollten zwei Jagdpächter einen Teil ihres Hochsitzes mitten im Wald reparieren. Seit Monaten waren die unteren Stufen marode. Deshalb war auch über einen längeren Zeitraum niemand zur Jagd auf das fünf Meter hohe Holzgestell geklettert.
Dann machten die Männer den grausigen Fund. Für die Polizei ist die Sache klar: Der Arbeitslose mit gemeldetem Wohnsitz in Hannover wählte den Freitod. Er ist verhungert. Auch das wurde bestätigt. Der Leichnam soll jetzt beigesetzt werden.
Ruhe wird es an dem Schauplatz mitten im Sollingwald vermutlich nicht geben. Die Fragen, wie so etwas passieren konnte, warum niemand den Mann vermisste und ob man ihm hätte helfen können, beschäftigen die Menschen. Der Tote vom Hochsitz im Solling gibt viele Rätsel auf.
So lebte Hans Z.: Stationen aus dem Leben des Toten vom Hochsitz
Geboren wurde Hans-Peter Z. - der Tote vom Hochsitz in Schlarpe - am 12. April 1949. Er heiratete, das Paar hatte eine Tochter, die jetzt in Ahrensbök bei Lübeck lebt. Eine Zeit lang wohnte der Mann in Seelze bei Hannover, zwischenzeitlich in einem Vorort von Lübeck in Schleswig-Holstein. Dort blieb er ein halbes Jahr lang seine Miete schuldig, heißt es.
Zuletzt lebte Hans-Peter Z. in einem leicht verwahrlosten Mehrfamilienhaus im Hannoverschen Ortsteil Leinhausen. Es sei zwar nicht schäbig gewesen, aber auch nicht die beste Wohngegend. Von dort brach er vermutlich Anfang Oktober mit dem Fahrrad mit unbekanntem Ziel auf, nachdem er keine finanzielle Unterstützung mehr bekommen habe. Er galt als zurückgezogen. Das bestätigte auch eine Frau aus Seelze, die sich selbst als "mit dem Mann befreundet" bezeichnet. Sie sei von der Nachricht des Todes ihres Bekannten sehr bestürzt gewesen.
Der Tote vom Schlarper Hochsitz war vor seiner Arbeitslosigkeit Vertreter für Hängestühle. Weitere Stationen seines Lebens: Die Trennung von seiner Frau, der Bruch zu seiner Tochter Joana Z. und die Arbeitslosigkeit. Laut Eintrag in seinem Tagebuch plante er seinen Tod, wollte verhungern. Der letzte Eintrag in seinem Tagebuch datiert vom 13. Dezember 2007. Danach starb er vermutlich. Gestern hieß es, dass die Tochter aus Schleswig entschieden habe, ihren Vater auf hoher See bestatten zu lassen. Offenbar ist das ein Wunsch ihres Vaters gewesen, der sich für den ungewöhnlichen Freitod entschied.
Jürgen Dumnitz am 12.02.08 in: http://www.hna.de/uslarsolo/00_20080212163700_Medienrummel_wegen_des_Toten_vom_Hochsitz.html
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