Christl. nachgeforscht 3#3

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Auf der weiteren Suche, ob Jesus selbst homosexuelle Beziehungen guthieß (wenn schon nicht sein postmortem-Sprecher Paulus), habe ich mir die Bibelstellen, wo ein römischer Zenturio (Hauptmann) Jesus um die "Fernheilung" seines kranken - ja was eigentlich - bittet, näher angesehen. Es handelt sich um Lukas 7,1-10 sowie die synoptische Parallele Matthäus 8,5-13. Übliche Übersetzungen beschreiben den zu Heilenden z.B. als Sklaven, Knecht, Diener, jungen Diener, Burschen oder Knaben des Römers. Es galt zu untersuchen, was genau der Urspungstext meinte.


In der griechisch sprachigen Septuaginta steht an den entscheidenden Stellen (in lateinische Schrift transliteriert):

Lukas 7,1-10
2 ekatontarchou de tinos doulos kakôs echôn hêmellen teleutan hos ên autôi entimos
3 akousas de peri tou Iêsou apesteilen pros auton presbuterous tôn Ioudaiôn erôtôn auton hopôs elthôn diasôsêi ton doulon autou
7 diho oude emauton êxiôsa pros se elthein alla eipe logôi kai iathêtôi ho pais mou
8 kai gar egô anthrôpos eimi hupo exousian tassomenos echôn hup emauton stratiôtas kai legô toutôi poreuthêti kai poreuetai kai allôi erchou kai erchetai kai tôi doulôi mou poiêson touto kai poiei
10 kai hupostrepsantes eis ton oikon hoi pemphthentes heuron ton doulon hugiainonta

Matthäus 8,5-13
6 kai legōn Kyrie ho pais mou beblētai en tē oikia paralytikos deinōs basanizomenos
8 apokritheis de ho hekatontarchos ephē Kyrie ouk eimi hikanos hina mou hypo tēn stegēn eiselthēs alla monon eipe logō kai iathēsetai ho pais mou
9 kai gar egō anthrōpos eimi hypo exousian tassomenos echōn hyp’ emauton stratiōtas kai legō toutō Poreuthēti kai poreuetai kai allō Erchou kai erchetai kai tō doulō mou Poiēson touto kai poiei
13 kai eipen ho Iēsous tō hekatontarchē Hypage hōs episteusas genēthētō soi kai iathē ho pais autou en tē hōra ekeinē


Bei Lukas wird in Vers 2,3 und 10 der Kranke als "doulos" [δοῦλος] (Sklave) bezeichnet. Dadurch ist der Kranke klar als Bediensteter kategorisiert. Als der Römer in Vers 8 dann von seiner Befehlsgewalt erzählt und wie ihm seine Soldaten gehorchen, ergänzt er mit der selben Bezeichnung "doulos", wie ihm auch sein Sklave (Singular) gehorcht. Somit kann man bei Lukas eventuell davon ausgehen, dass der Römer auch damit den Kranken meint und ihn somit der Gruppe der Bediensteten noch deutlicher zuordnet.

Am Ende von Vers 2 wird ihm allerdings das Adjektiv "entimos" [ἔντιμος] (intim, geliebt) zugeschrieben. So bezeichneten höhergestellte Römer jüngere, auch für Päderastie verfügbare Sklaven.

In Vers 7 bezeichnet der Zenturio den kranken Sklaven plötzlich als "pais mou" [παῖς μου], was soviel heißt wie "mein Junge" oder "mein Knabe".

Durch die grundsätzliche Bezeichung des Kranken als Sklaven kann man die Deutung, dass hier ein leiblicher Sohn des Zenturio (analog zu Johannes 4,43-54) gemeint ist, wohl ausschließen. Denn, alles was recht ist, ich denke nicht, dass ein besorgter Vater seinen leiblichen Sohn als Sklaven und schon gar nicht als geliebten Sklaven bezeichnen würde.

Das ändert sich auch nicht dadurch, dass der andere Evangelist, Matthäus, die Bezeichnung des Römers für seinen Kranken (Vers 6, 8 und 13) stets als "pais mou" oder "pais", also mein Junge/Knabe oder Junge/Knabe wiedergibt. Aber es ist auffällig, dass er eben meist nicht den, wie man annehmen könnte, passenderen Begriff Sklave verwendet. Wenn also nicht ein leiblicher Sohn damit gemeint ist, bleibt die Vermutung einer anderen Art der Beziehung. Erst in Vers 9, als der Zenturio bei Matthäus nämlich zum Vergleich beschreibt, wie ein Bediensteter aus seinem Besitz ihm für gewöhnlich gehorcht, verwendet er den dafür üblichen Begriff "doulos" (Sklave), wobei es unklar bleibt, ob irgendein Sklave gemeint ist oder eben der in Vers 6, 8 und 13 benannte Junge mit der "Erstfunktion" Sklave.


Ich schließe mich also der These an, der pais sei ein Lustsklave des Zenturio gewesen. Die intensive, entsprechend formulierte Bitte des befehlsgewohnten Offiziers um die Heilung seines Jungen zeigt seine homosexuelle Liebe. Jesus trifft dann eine klare Aussage: “Ich sage euch, selbst nicht in Israel habe ich so großen Glauben gefunden.” (Lukas 7,9 [ELB]) bzw. “Wahrlich, ich sage euch, bei keinem in Israel habe ich so großen Glauben gefunden.” (Matthäus 8,10 [ELB}) und heilt den pais vorbehaltlos. Homosexualität, auch als uneheliche Liebesbeziehung, die er offenbar gebilligt hat, und Glaube ist für ihn kein Widerspruch.

Die lateinische Vulgata folgt den Bezeichnungen "doulos" und "pais" und übersetzt entsprechend mit "servus" (Sklave) und "puer" (Junge, Knabe). Allerdings bei dem in Lukas 7,2 dem Kranken zugeschriebenen Adjektiv "entimos" verwendet die Vulgata das abweichende Wort "pretiosus", was "kostbar, wertvoll" heißt, obwohl die lateinische Sprache ein äquivalentes Wort, nämlich "intimus" zur Verfügung stellt. Auch daher rühren wahrscheinlich die Fehlübersetzungen gängiger Werke, womit sich auch der folgende Absatz beschäftigt.


Lukas 7,1-10
[SEP]: 1.Sklave (intim), 2.Sklave, 3.Junge, 4.Sklave (Befehlsgewalt Kranker?), 5.Sklave

[ELB]: 1.Knecht, 2.Knecht, 3.Diener, 4.Sklave, 5.Knecht
Die neuere Elberfelder Übersetzung bezeichnet den Kranken in Vers 2, 3 und 10 einheitlich als Knecht. In Vers 8 ("Befehlsgewalt"), wo im Original dasselbe Wort verwendet wurde, spricht die Elberfelder plötzlich abweichend von Sklave. Damit könnte gemeint sein, dass der Römer bei der Schilderung seiner Befehlsgewalt analog zu Matthäus 8,9 doch nicht den Kranken meint. Der Jungen in Vers 7 wurde in der Elberfelder zum Diener.

[NLB]: 1.Diener (x2), 2.Sklave, 3.Diener, 4.Diener, 5.Diener
Die Neues Leben Bibel Übersetzung zeigt nach meinem Dafürhalten schwere Fehler. Grundsätzlich scheint sie Sklave mit Diener zu übersetzen, was dreimal geschieht. Allerdings gibt es keinen Grund, die zweite Nennung desselben Sklaven plötzlich mit Sklave zu übersetzen. Den betreffenden Sklaven der Befehlsgewalt übersetzt NLB ebenfalls mit Diener,was meine These, dass Lukas damit den Kranken meint, stützt. Der Junge fällt leider völlig unter den Tisch, denn er bekam keine Sonderbeachtung und mutierte ebenfalls zum Diener.


Matthäus 8,5-13
[SEP]: 1.Junge, 2.Junge, 3.Sklave (Befehlsgewalt wer?), 4.Junge

[ELB]: 1.Diener, 2.Diener, 3.Knecht/Sklave, 4.Diener
Die neuere Elberfelder Übersetzung ist hier wortkonsequent, und durch die abgeschwächte Wortwahl auch weitgehend sinnkonsequent. Während Lukas den Kranken als Sklave und Junge bezeichnet, nennt Matthäus ihn nur Junge. Übersetzt wurde stets Sklave als Knecht und Junge als Diener. Erst bei der Schilderung der Befehlsgewalt wird bei beiden Evangelisten der Sklave auch als Sklave (Mt: "Knecht/Sklave") übersetzt, was die schon erwähnte womögliche Abgrenzung des Kranken von einem allgemeinen Bediensteten darstellen soll.

[NLB]: 1.junger Diener, 2.Diener, 3.Sklave, 4.junger Diener
Dass die NLB im Vergleich zum synoptischen Lukas auch anders kann, sieht man hier: Der Junge, bei Lukas zusammen mit dem Sklaven nur schöder Diener, wird hier zwei von drei Mal zum jungen Diener (oha!) befördert. Der Sklave der Befehlsgewalt bleibt hier ein Sklave, wogegen er bei NLB-Lukas noch zum Diener mutierte. Das deutet darauf hin, dass NLB auch hier mit mir einer Meinung ist, dass dieser Befehlsgewalt-Sklave im Gegensatz zur Lukas-Schilderung in der Matthäus-Sichtweise nicht mit dem Kranken identisch ist. Leider aber: Alles etwas chaotisch und mit wenig Stringenz.