Verschiedene

[Nietzsche]

[Salomo] [Seneca] [Schiller] [Auerbach] [Humboldt] [Hitler] [Camus] [Hemingway] [Buffett] [Murphy] [Versch.]

Wenn’s der Wahrheitsfindung dient.

Fritz Teufel (1943-2010), West-Berliner Kommunarde, Autor und aktiver Teilnehmer der Studentenbewegung sowie Mitglied der terroristischen Bewegung 2. Juni, bei folgender Gelegenheit: Am 2. Juni 1967 wurde Teufel unter dem Vorwurf, einen Stein geworfen zu haben, während der Demonstration gegen den Schah Reza Pahlavi bei dessen Besuch in Berlin verhaftet und saß bis zum Verhandlungsbeginn im November in Untersuchungshaft. Während der Verhandlungen fiel Teufel vor allem durch – aus Sicht der Staatsanwaltschaft – respektloses Verhalten auf. Als er eine längere Stellungnahme abgeben wollte, wurde er vom Richter ermahnt, er möge nur Tatsachen vorbringen, die der Wahrheitsfindung dienten. Etwas später kam er dann der Aufforderung des Richters, sich zu erheben, mit der Bemerkung nach: „Na ja, wenn’s der Wahrheitsfindung dient.“ Dieser Satz brachte den Formalismus der Justiz auf den Punkt. Er wurde zu einem geflügelten Wort.

 

Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.

Walter Ernst Paul Ulbricht (1893-1973), Vorsitzender des Staatsrats der DDR von 1960 bis 1973. „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“ sagte Ulbricht 1961 auf einer internationalen Pressekonferenz zwei Monate vor dem Bau der Berliner Mauer, indem er am 15. Juni 1961 auf die folgende Frage der westdeutschen Journalistin Annamarie Doherr „Ich möchte eine Zusatzfrage stellen. Doherr, Frankfurter Rundschau. Herr Vorsitzender, bedeutet die Bildung einer freien Stadt Ihrer Meinung nach, dass die Staatsgrenze am Brandenburger Tor errichtet wird? Und sind Sie entschlossen, dieser Tatsache mit allen Konsequenzen Rechnung zu tragen?“ antwortete: „Ich verstehe Ihre Frage so, dass es Menschen in Westdeutschland gibt, die wünschen, dass wir die Bauarbeiter der Hauptstadt der DDR mobilisieren, um eine Mauer aufzurichten, ja? Ähhh... Mir ist nicht bekannt, dass solche Absicht besteht, da sich die Bauarbeiter in der Hauptstadt hauptsächlich mit Wohnungsbau beschäftigen und ihre Arbeitskraft dafür voll ausgenutzt wird … voll eingesetzt wird. Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!“ Obwohl nicht speziell nach der Art der Abriegelungsmaßnahmen gefragt wurde, war Ulbricht selbst damit der erste, der den Begriff „Mauer“ diesbezüglich in den Raum stellte. Ob er dies aus einer Unachtsamkeit heraus oder mit Absicht tat, konnte nie abschließend geklärt werden. Letzteres ist aber vorstellbar. Zwei genau entgegengesetzte Motive seien dafür denkbar: Entweder habe Ulbricht die ostdeutsche Bevölkerung mit seiner kategorischen Aussage beruhigen wollen. Falls das jedoch das Ziel gewesen sein sollte, dann ging der Vorstoß des SED-Chefs ins Leere. Denn in der zweiten Junihälfte nahm die Zahl der Flüchtlinge noch einmal zu. Oder Ulbricht wollte genau das Gegenteil erreichen: Seine Bemerkung könnte darauf gezielt haben, die Flüchtlingszahl weiter hochzutreiben, um so Druck auf Chruschtschow auszuüben, damit die Sowjetunion die Grenzsperrung genehmige. Ein solch machiavellistisches Kalkül wäre dem SED-Chef zuzutrauen.

 

Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?

Eugen Berthold Friedrich Brecht (1898-1956), deutscher Dramatiker und Lyriker des 20. Jahrhunderts. Mit dieser rhetorischen Frage reagierte Brecht auf die Äußerungen der DDR-Führung nach den Vorfällen am 17. Juni 1953: „Das Volk hat das Vertrauen der Regierung verscherzt. Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?“ Als es in Berlin zu Massenprotesten der Arbeiter in der DDR kam, äußerte er noch am selben Tag in einem Brief an Walter Ulbricht Zustimmung zu den Maßnahmen der DDR-Regierung und zum Eingreifen der sowjetischen Truppen. In der poetischen Reflexion der Ereignisse nahm er Juli/August 1953 eine deutlich distanziertere Haltung ein, die er in den Buckower Elegien im Gedicht "Die Lösung" artikulierte. Das Gedicht wurde zum ersten Mal in der Tageszeitung Die Welt am 9. Dezember 1959 veröffentlicht.
„Nach dem Aufstand des 17. Juni
Ließ der Sekretär des Schriftstellerverbands
In der Stalinallee Flugblätter verteilen
Auf denen zu lesen war, daß das Volk
Das Vertrauen der Regierung verscherzt habe
Und es nur durch verdoppelte Arbeit
zurückerobern könne. Wäre es da
Nicht doch einfacher, die Regierung
Löste das Volk auf und
Wählte ein anderes?“

 

Hier stehe ich, ich kann nicht anders.

Martin Luther (1483-1546), theologischer Urheber der Reformation. Die oft zitierte Formulierung Luthers „Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen“ ist historisch nicht verbürgt und wurde wahrscheinlich nur hinzugefügt, um die Geschichte interessanter zu machen. Die Formulierung findet sich u.a. auf einem Holzschnitt aus dem Jahr 1557. Stattdessen sagte Luther nach einem Tag Bedenkzeit am 18. April 1521 vor dem Reichstag zu Worms, als er vor Kaiser Karl V. und den versammelten Fürsten und Reichsständen abermals zum Widerruf aufgefordert wurde, sinngemäß: „Ich kann und will ich nichts widerrufen, weil wider das Gewissen etwas zu tun nicht geraten ist. Gott helfe mir. Amen!" Vgl. hier.

 

Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen.

und:

Was man nicht nützt, ist eine schwere Last.

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832), deutscher Dichter, in: Faust I, Vers 682 ff. In seinem Monolog, der mit dem Entschluss zum Suizid endet, spricht Faust in Goethes Faust I angesichts des vom Vater hinterlassenen „alt Geräte, das ich nicht gebraucht“, diese berühmten Worte:
"Was du ererbt von deinen Vätern hast,
erwirb es, um es zu besitzen.
Was man nicht nützt, ist eine schwere Last;
Nur was der Augenblick erschafft, das kann er nützen."