Carpe diem!

Carpe diem!

Stammt aus dem elften Gedicht des ersten Lyrikbuches der Carmina von Horaz:

Tu ne quaesieris - scire nefas -, quem mihi, quem tibi
finem di dederint, Leuconoe, nec Babylonios
temptaris numeros. Ut melius, quidquid erit, pati,
seu pluris hiemes seu tribuit Iuppiter ultimam,
quae nunc oppositis debilitat pumicibus mare
Tyrrhenum - sapias, vina liques et spatio brevi
spem longam reseces. Dum loquimur, fugerit invida
aetas: carpe diem, quam minimum credula postero.


3 Übersetzungen:

Nicht vorwitzig geforscht, gegen Verbot, was, o Leukonoe,
Mir zum Lose, was dir, Götter bestimmt; noch babylonische
Wunderzahlen versucht! Besser fürwahr dulden wir, was auch kommt;
Ob mehr Winter an noch, oder ob Zeus diesen zuletzt beschied,
Der nun gegen des Strands Felsengeklüft dort das Tyrrhenermeer
Abarbeitet. Sei klug! Wein uns geklärt und in den engen Raum
Lange Hoffnung beschränkt! Mitten im Wort flieht uns die neidische
Jugend! Nütze den Tag, nicht um ein Haar trauend dem folgenden!

Frag nicht - das darf der Mensch nicht wissen - welches Ende die Götter mir, welches sie dir, Leukonoe, zugedacht haben, und lass die Finger von babylonischer Astrologie. Wie viel besser doch, was immer sein mag, zu ertragen! Ob Jupiter noch viele Winter uns zugeteilt hat oder den letzten, der jetzt an entgegenstehenden Klippen das Tyrrhenische Meer bricht – lebe mit Verstand, kläre den Wein und beschränke ferne Hoffnung auf kurze Dauer! Noch während wir reden, ist die missgünstige Zeit schon entflohen: Pflücke dir den Tag und glaube so wenig wie möglich an den nächsten!

Frag nicht - es wissen zu wollen, ist ein Frevel - welches Ende mir, welches dir, Leukonoe die Götter bestimmt haben, und versuch auch nicht das babylonische Horoskop! Wahrlich, es ist besser, was immer geschehen wird, zu erdulden; ob Jupiter dir noch mehr Winter zugeteilt hat, oder den letzten, der nun das Tyrrhenische Meer an den steilen Klippen bricht: Sei weise! Kläre den Wein und beschränke die lange Hoffnung auf eine kurze Zeit! Während wir sprechen, wird die knapp bemessene Zeit schon enflohen sein: Genieße den Augenblick und verlaß dich so wenig wie möglich auf den folgenden!


Nütze den Tag, nicht um ein Haar trauend dem folgenden!”
Pflücke dir den Tag und glaube so wenig wie möglich an den nächsten!”
Genieße den Augenblick und verlaß dich so wenig wie möglich auf den folgenden!”

Das erinnert mich stark an die Lebensweise der Südamerikaner, z.B. der Paraguayer. Dort lebt man für gewöhnlich in den Tag hinein, investiert nicht, legt keine Vorräte an - und landet ziemlich weit hinten sowohl unter Aspekten der
Entwicklung als auch in der Zufriedenheit mit dem Leben. Drittweltvölker machen es uns vor und wir folgen. Allerdings tun wir es bewußt unter dem Aspekt, die knappe Lebenszeit zu nutzen. Ist es wieder unsere merkwürdige Selbstverleugnung, die uns Deutschen so eigen ist, unsere (notwendige) Eichhörnchenmentalität, die wir selbst verachten (vgl. hier) oder warum ist dieser Spruch zurzeit so populär?

Ach richtig, ich vergaß zwei wichtige Manipulationskräfte: Das Fernsehen und (immer noch) die U.S.A:

“Zur Popularisierung des Zitats hat in jüngerer Zeit der US-Film „Der Club der toten Dichter“ aus dem Jahr 1989 beigetragen. (...) Der Zentral- und Lehrsatz dieses Films ist Carpe diem. Der Mensch sollte aus seinem Leben etwas Besonderes machen; jedes einzelne Leben sollte ein außergewöhnliches sein oder werden.”

Na also, da ist der Beweis: Wahre Individuen findet man in Massenbewegungen.

Quelle: wikipedia.org